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Wieso deutscher Müll eben doch im Meer landet

Wieso deutscher Müll eben doch im Meer landet

Viel zu selten werden Abfälle wiederverwertet. Das sagen sogar Vertreter der Recycling-Branche. Plastikmüll wird massenhaft nach Asien exportiert, wo er - oft illegal - verklappt wird. Aktueller Hotspot ist Malaysia.
Bereitgestellt von Deutsche Welle
Eine Müllsammlerin sucht auf einer Halde auf der indonesischen Insel Java nach importiertem Plastikabfall
"Der Brotaufstrich für die ganze Familie" steht auf einem ausgeblichenen gelben Plastikdeckel. Gefunden haben ihn Mitglieder der Umweltorganisation Greenpeace auf einer riesigen Mülldeponie in Malaysia. Rund 10.000 Kilometer Luftlinie trennen den Plastikdeckel nun von der deutschen Mülltonne, in die er wohl einmal geworfen wurde. Vermutlich in gutem Glauben, dass er doch recycelt, also wiederverwertet werde.
Stattdessen: von Deutschland nach Malaysia. Hat das deutsche Recyclingsystem also versagt? "Es versagt insofern, als es nicht wirklich allen Plastikmüll, den es einsammelt, auch recycelt"", sagt Manfred Santen, Diplom-Chemiker und Experte für Plastikmüll bei Greenpeace. Die Deutschen sind zwar Weltmeister im Trennen. Aber nicht alles, was im Gelben Sack landet, wird auch wiederverwertet. Häufig wird es nur verbrannt." Statistiken zufolge, sagt Santen, würden davon höchstens 15 Prozent wiederverwertet.

"Utopische Recyclingquoten"

Offiziell liegt die Wiederverwertungsquote bei 36 Prozent. Doch Kritiker sprechen von einem "Schönrechnen". Laut dem neuen Verpackungsgesetz sollen bis zum Jahr 2022 in Deutschland sogar 63 Prozent aller Kunststoffabfälle wiederverwertet werden. Doch das hält Peter Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE), für utopisch: "Mit jedem Zalando- oder Amazon-Paket landen billigste Materialien in deutschen Mülltonnen. Aber Firmen, die Kunststoffe herstellen, nehmen Rezyklate nur dann, wenn sie preislich und qualitativ mit Rohöl mithalten."
Kurth ist ein glühender Recyclingbefürworter. Wenn er von hochwertigen Plastikfolien spricht, die sich hervorragend wiederverwerten lassen, schwingt Begeisterung in seiner Stimme. Kurth streitet gar nicht ab, dass es Probleme in der Kreislaufwirtschaft gibt. Deren Kern sei aber nicht das deutsche Recyclingsystem an sich, sondern das verwendete Plastik, vor allem die Verwendung verschiedener Kunststoffe in einem Produkt: "Wenn eine einzige Verpackung aus 20 bis 30 verschiedenen Materialien besteht, dann ist Recycling teuer und die Endprodukte lassen sich kaum verkaufen."
Was nicht wirtschaftlich recycelt werden kann, werde zum großen Teil verbrannt, etwa in Anlagen der Chemie- oder der Zementindustrie, sagt Kurth, wo sie als Ersatzbrennstoff immerhin noch Öl und Gas ersetzten. Es gibt aber mehr Plastikabfall, als alle Zement- und Chemieanlagen in Deutschland benötigen. Was in Deutschland keine Abnehmer findet, sagt Kurth, das werde nach Asien verkauft.
Noch vor zwei Jahren wäre der gelbe Brotaufstrich-Deckel vermutlich in China gelandet. Dort hatte man jahrelang Müll aus westlichen Staaten importiert, um daraus Rohstoffe zu gewinnen. Doch im Dezember 2017 legte Peking eine strenge Verunreinigungsgrenze für Plastikabfall fest und importiert seitdem nur noch hochwertige Kunststoffabfälle. Das kam einem Importstopp gleich, auch für deutschen Plastikmüll.
Wurden 2017 aus Deutschland noch mehr als 340.000 Tonnen Kunststoffabfälle nach China verschickt, waren es 2018 nach Schätzungen des BDE nur noch 16.000 Tonnen - ein Rückgang um 95 Prozent. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts schnellten Anfang 2018 die Exporte deutscher Plastikabfälle nach Indien, Malaysia und Indonesien dafür deutlich in die Höhe.

Lungenkrank durch Müllverbrennung

Laut Greenpeace landeten in Malaysia allein von Januar bis Juli 2018 rund 754.000 Tonnen weltweiter Plastikabfälle. Größter Mülllieferant sind demnach die USA mit mehr als 195.000 Tonnen; es folgen Japan und Großbritannien. An vierter Stelle: Deutschland mit gut 72.000 Tonnen.
Zwar würden legale Kunststoffimporte auch in Malaysia sortiert, vielfach aber landeten selbst hochwertige Kunststoffe auf Müllhalden, sagt Greenpeace-Chemiker Santen: "In diesen Ländern besteht eben keine wirkliche Müllwirtschaft." Die Deponien seien meistens ungesichert, bei Stürmen oder starken Regenfällen gelange Material unkontrolliert in die Umwelt, und damit oft auch ins Meer.
Laut Greenpeace wird zudem ein erheblicher Teil das Plastik in Malaysia von nicht zugelassenen Betrieben abgenommen, die die Abfälle in verlassenen Gebäuden und improvisierten Deponien lagern, zwischen Garnelen- und Fischfarmen vor sich hindümpeln lassen oder illegal im Freien verbrennen. Oft geschehe dies in der Nähe von Wohngebieten, deren Bewohner nicht nur über beißende Gerüche klagten, sondern immer häufiger unter Atemwegs- und Lungenerkrankungen litten.

weiteres unter:
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/wissenundtechnik/wieso-deutscher-müll-eben-doch-im-meer-landet/ar-BBSEc5w#page=2
Autorin: Jeannette Cwienk

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aus: Münsterlandzeitung vom 12.02.2019